Heimat
Die Seminararbeit „Heimat“ entstand während meiner Weiterbildung an der Ostkreuzschule für Fotografie, Berlin und zeigt verschiedene Perspektiven zu diesem Thema. Ausgewählte Motive wurden in einer Abschlussausstellung gezeigt, zu der ich auch dieses Fotobuch gestaltet habe.
Daheimgeblieben: Das Elternhaus von Kunigunde Fichtl
„Ich bin aufgewachsen auf einem kleinen Bauernhof mit Mutter, Tante, einem Knecht und vielen Tieren in ärmlichen Verhältnissen. Habe schon als Kind viel mitarbeiten müssen und bis ins hohe Alter gearbeitet, bis es nicht mehr ging. Es mußte alles mit der Hand gemacht werden, im Stall, auf dem Feld, mit 2 Pferden, ohne Traktor und Maschinen. Wir kamen nicht oft fort aus Seestall. Zweimal im Jahr auf einen Jahrmarkt nach Landsberg und einmal im Jahr zu Onkel und Tante nach Burggen bei Schongau […]
Was bedeutet für Dich Heimat? Heimat ist für mich, der Ort an dem ich geboren bin und immer gebraucht wurde. Ich wollte nie woanders leben. Das habe ich von meiner Familie übernommen und auch an meine Tochter so weitergegeben. Heimat ist für mich die Familie, das Elternhaus, die Tiere, die gewohnte Umgebung, die Leute im Dorf. Hier alt zu werden und zu Hause von der Familie versorgt zu sein, das ist das Schönste für mich […]“ (Kunigunde Fichtl, * 26.01.1922; † 20.03.2020)
Lernen dürfen
Mohammad flüchtete vor den Taliban als er 17 war und machte sich allein auf den Weg nach Europa. Nach vielen Umwegen kam er schließlich nach Deutschland. Hier lebt er nun am Stadtrand von München in einer Flüchtlingsunterkunft. In Deutschland eine Schule zu besuchen, beschreibt er als sein großes Glück. Eine gute Ausbildung zu haben und später einmal eine Familie zu gründen als seine Ziele. Die Mittelschule hat er als Bester seiner Klasse abgeschlossen, im Moment besucht er eine Münchner Realschule.
Was bedeutet für Dich Heimat? „Heimat ist für mich eine Erinnerung, die ich niemals vergessen kann. Ich liebe meine Heimat und die Berge, in denen ich Ausflüge gemacht habe. Die Leute sind sehr nett. Meine Heimat ist grün und das Wetter ist schön. Wir haben hohe Berge und wilde Tiere. In seiner Heimat fühlt man sich wie zu Hause, in einem fremden Land irgendwie anders.“ (Mohammad)
Ich besuche noch eine andere Unterkunft, die Bayernkaserne und komme mit Geflüchteten ins Gespräch.
Zu Hause sein: Heimat „OAL“
„Wir haben dieses Haus gemietet, nahe der Kleinstadt aus der ich komme. Einmal im Monat fahren wir ins Ostallgäu (KFZ-Kennzeichen „OAL“), weg aus München, raus auf’s Land. Der Weiler hat fünf Häuser und erscheint uns anfangs klein und unsere Unterkunft sehr einfach. Keine Heizung, kein Internet, kein Bäcker vor Ort. Komisch ruhig. Mit der Zeit gewöhnen wir uns daran. Jetzt sitzen wir wieder einmal auf der verwitterten Terrasse in der Sonne. Die Kinder spielen Fussball, die Luft ist klar, Kuhglocken läuten. Winzig klein sehen wir das Schloss Neuschwanstein vor dem allgäuer Bergpanorama und spüren Heimat „OAL“. (Stefanie Giesder)
Rosa: Gülnazar zu Hause
Gülnazar Ablat, 18 Jahre, kam mit ihren Eltern von Urumchi nach Deutschland als sie acht war. Aus politische Gründen musste die uigurische Familie die Provinz Xinjiang in China verlassen. Das Foto an der Wand und die Vorhänge: Erinnerungen an damals. In München hat sich die Familie eine neue Existenz aufgebaut, die Eltern haben Arbeit. Gülnazar besucht die Fachoberschule und möchte nach dem Abitur studieren. Sie ist eine selbstbewusste junge Frau mit vielen Freunden, in der uigurischen Tanzgruppe und in der deutschen Schule. Deutschland ist ihre Heimat. Die Verwandten in China hat sie seit ihrer Ausreise nicht wieder gesehen. Der Kontakt zu ihnen ist ihr wichtig, deshalb telefonieren sie regelmäßige über Skype.
Was bedeutet für Dich Heimat? „Heimat ist für mich zu Hause sein.“ (Gülnazar)